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Stichwort English Beschreibung
Versorgungssperre bei Mietwohnung supply cut (of public utilities) in a rented flat Das Absperren von Versorgungsleistungen (Strom, Gas, Wasser) bei einer Mietwohnung durch den Vermieter als Druckmittel bei Zahlungsverweigerung ist rechtlich umstritten. Das Bestehen eines allgemein anerkannten Zurückbehaltungsrechtes an den Versorgungsleistungen bei ausbleibenden Miet- bzw. Betriebskostenzahlungen ist ein Mythos.

Zwei Berliner Urteile sind dazu interessant:
  • Berliner Kammergericht, 29.08.2005, Az. 8 U 70/05: Eine Gewerbeeinheit war zum Teil auch als Wohnraum vermietet worden. Da Zahlungen des Mieters ausblieben, sperrte der Vermieter die Versorgungsleistungen und berief sich auf ein Zurückbehaltungsrecht. Das Gericht sah dies als verbotene Eigenmacht des Vermieters an. Gerade bei Wohnräumen existiere ein solches Zurückbehaltungsrecht nicht; die Sperrung sei unzulässig.
  • Berliner Kammergericht, 08.07.2004, Az. 12 W 21/04: Der Mieter eines Gewerbeobjektes war in Zahlungsverzug. Er blieb auch nach Ende des Mietverhältnisses noch im Objekt. Der Vermieter kappte die Wasserversorgung. In diesem Fall entschied das Kammergericht zugunsten des Vermieters und bejahte ein Zurückbehaltungsrecht. Betont werden muss, dass es um ein reines Gewerbeobjekt ging.
Hauptunterschied zwischen beiden Fällen war, dass im ersten Fall der Mietvertrag noch lief, während im zweiten Fall der Vertrag bereits beendet war. Während des laufenden Mietverhältnisses ist der Vermieter nach Ansicht vieler Gerichte unabhängig von den Zahlungseingängen dazu verpflichtet, die Wohnung bewohnbar und im vertragsgemäßen Zustand zu halten. Eine Versorgungssperre stellt jedoch einen vertragswidrigen Zustand mit einer nicht nutzbaren Wohnung her. Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter derartige vertragliche Rechte nicht mehr auf seiner Seite.

Eine Sperrung von Versorgungsleistungen kann auch durch die Versorgungsunternehmen stattfinden, wenn deren Rechnungen nicht bezahlt werden. Im Regelfall (außer meist bei Strom und teilsweise bei Wasser) ist der Vermieter der Vertragspartner der Versorgungsbetriebe. Stellt er die Zahlungen ein und erfolgt deshalb eine Versorgungssperre, muss er mit einer fristlosen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages rechnen oder alternativ mit einer Mietminderung. Diese kann im Extremfall bei bis zu 100 Prozent betragen, wenn die Wohnung (z.B. wegen Abstellens der Heizung im Winter) nicht mehr nutzbar ist (vgl. Landgericht Berlin, 20.10.1992, Az. 65 S 70/92). Der Mieter hat in derartigen Fällen auch ein Zurückbehaltungsrecht an den Betriebskosten-Vorauszahlungen. Sobald die Heizung wieder läuft, muss er jedoch den ausstehenden Betrag bezahlen.

Ist der Mieter Vertragspartner des Versorgungsunternehmens, kann natürlich ebenfalls wegen ausbleibender Zahlungen die Lieferung eingestellt werden. Gesetzliche Grundlagen dafür sind die Grundversorgungsverordnungen für Strom und Gas (StromGVV, GasGVV).

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit die Versorgung unterbrochen werden darf:
  • Der Kunde muss eine Mahnung vom Versorgungsunternehmen erhalten haben.
  • Die Unterbrechung der Versorgung muss dem Mieter angekündigt worden sein (ggf. im Rahmen der Mahnung).
  • Der Kunde hat innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Androhung der Versorgungssperre noch immer nicht gezahlt.
  • Bei Strom muss ein Zahlungsrückstand von mindestens 100 Euro bestehen.
  • Mindestens drei Werktage vor der Unterbrechung muss diese noch einmal angekündigt werden.
  • Der Versorger muss das Verhältnismäßigkeitsgebot beachten. Die Folgen für die jeweiligen Kunden (z.B. Gassperre im Winter, Senioren, Familien mit Kindern) sind dabei einzubeziehen.
Zahlt der Kunde vor Beginn der Versorgungssperre, schließt er eine Ratenzahlungs- oder Stundungsvereinbarung mit dem Versorger ab oder besteht eine hinreichende Aussicht auf Zahlungseingang, muss die Sperre in der Regel unterbleiben. Dies gilt auch dann, wenn ein zahlungsunfähiger Kunde Hilfe beim Sozialamt gesucht hat und Aussicht besteht, dass dieses die Kosten übernehmen wird.